Der Nagel

Die letzte Glut erlischt allmählich, während der kühle Oktoberregen zu tröpfeln beginnt. Immer wieder muss er an den Abend denken.

Den Abend, an dem ihn Zahnschmerzen fast zum Wahnsinn getrieben hatten, und er sie vor lauter Verzweiflung aufgesucht hatte – in der Hoffnung, sie könne seine pochenden Schmerzen lindern.

Mehrere Leute aus dem Dorf kamen, um bei ihr Rat und Hilfe zu holen, und an dem Abend war er derjenige, der ihrer Magie bedurfte. Sie stieß einen Nagel in den entzündeten Zahn, so dass ihm der Schmerz durch den Schädel schoss – und befahl ihm danach, einen Keller aufzusuchen und den Nagel ganz weit hinten, im Dunkeln, in eine Holzwand zu schlagen – damit Nagel, Holz und Zahnschmerz fernblieben. Ja, im Laufe der Zeit hatte die Frau vielen in der Stunde der Not geholfen.

Und sie wollte ja bloß helfen – auch der jungen Frau helfen, die das Kind, das sie in ihrem Bauch trug, loswerden wollte – und die kurz darauf starb. Sie wollte bloß helfen – und der Unterschied zwischen schwarzer und weißer Magie ist doch, ob man Böses oder Gutes im Sinn hat?

Sie wollte ja bloß helfen.

Sie hätten sie doch einfach nur des Landes verweisen und ihrer Familie das Vermögen wegnehmen brauchen. Ohne Ärzte oder Apotheke – wer wird ihnen nun künftig im Dorf zur Seite stehen, wenn sich ihr Glück das nächste Mal ins Unglück wendet?